Ich kann mich noch gut an meine erste Video-Podcast-Folge erinnern. Hailey Bieber war zu Gast im Podcast „Call Her Daddy“. Ich weiß noch, wie ich vor der Entscheidung stand, ob ich das Video dazu anschauen möchte oder nicht. Bei Spotify gibt es nämlich die Möglichkeit, das Video auszublenden. Am Ende habe ich mich aber dazu entschieden, den Podcast mit Video abzuspielen, denn ich war neugierig und wollte wissen, was es damit auf sich hat. Als ich die Folge zu Ende gehört bzw. geschaut hatte, stellte ich mir die Frage, ob in Zukunft weitere Podcasts mit Video veröffentlicht werden. Und welche Chancen ergeben sich daraus für Corporate Podcasts? Darum soll es in diesem Blog-Beitrag gehen.

Faktencheck Video-Podcast

Die Video-Option ist noch sehr neu. In Deutschland ist sie seit Juli 2022 auf Spotify verfügbar. Video-Podcast-Folgen kommen bei den Hörer*innen laut einer Umfrage vom September 2022 gut an: Immerhin haben 10 % schon mal einen Video-Podcast angeschaut und weitere 27 % haben das noch vor. Das Interesse ist also durchaus vorhanden, die breite Masse hat es aber noch nicht erreicht. Spotify widmet den Video-Podcasts sogar eine eigene Kategorie. Dort sind 14 Podcasts gelistet, aber nur sechs kommen von deutschsprachigen Podcastern.

Es gibt einige Podcasts, die mit Video aufgezeichnet werden, das Bildmaterial dann allerdings auf YouTube hochladen. Aber Moment – kann man dann nicht direkt YouTube nutzen? Wozu braucht es noch eine Video-Funktion für Podcast-Apps? Und kann man überhaupt noch von einem Podcast sprechen?

Anfangs war ich „kamerascheu“

Das Schöne an Podcasts ist doch gerade, dass man sie nebenbei anhört und mal nichts anschauen muss. Sie sind ein toller Begleiter beim Spazieren gehen, Kochen oder Auto fahren! Wenn es aber ein Video zur Podcast-Folge gibt, fühle ich mich fast dazu „verpflichtet“ das Video anzuschauen, denn die Folge wird ja nicht ohne Grund von einer Kamera begleitet. Vielleicht verpasse ich etwas! Ich höre zum Beispiel öfter einen Podcast auf Spotify, in dem die Podcaster aktiv dazu auffordern, auf YouTube zu wechseln, um das Video zu sehen. Es fühlt sich so an, als würde ich nur das halbe Hörerlebnis haben, wenn ich mir lediglich das Audio anhöre.

Es gefällt mir auch mal den/die Podcaster*in nicht zu sehen und meine eigene Vorstellungskraft einzusetzen. Das ist wie bei Büchern: Man stellt sich selbst vor, wie ein Charakter aussehen könnte und wundert sich bei der Verfilmung über die Besetzung. Im Podcast hat man nur die Stimme und stellt sich anhand dessen vor, wie die Person aussehen könnte. Das Podcast-Video zerstört diese Vorstellung, denn jetzt weiß man, wie die Person in Echt aussieht. Außerdem achtet man mehr auf das Gesagte und die Ausdrucksweise, wenn man nur die Stimme hat; man lässt sich nicht vom Bild oder irgendeinem Schein – cooles Podcast-Studio, schöne Möbel, professionelle Mikrofone etc. – ablenken.

Aber auch für den/die Podcaster*in kann die Video-Aufzeichnung eine Herausforderung sein. Die Frage ist nämlich, ob er/sie überhaupt vor die Kamera möchte oder sich absichtlich für einen Podcast entschieden hat, weil man dort nicht zu sehen ist. Möglicherweise kommt es durch die Video-Aufzeichnung zum Hawthorne-Effekt, wonach man anders handelt, wenn man beobachtet wird. Wie authentisch sind die Podcast-Gespräche dann noch?

Aus den genannten Gründen lässt sich nicht mehr von einem Podcast sprechen, denn das Video rückt in den Vordergrund und zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Der Charakter eines Podcasts geht dadurch verloren. Oder?

Vorteile von Video-Podcasts

Ganz so dramatisch ist es dann doch nicht. Der Charakter eines Podcasts geht durch das Video nicht verloren, im Gegenteil, er wird dadurch ergänzt! Das Audio steht nach wie vor im Mittelpunkt, denn das Video wird produziert, um das Hörerlebnis zu unterstützen.

Dank des Videos können sich die Hörer*innen einen Eindruck der Aufnahmesituation machen, sind vor Ort mit dabei. So kommen sie noch näher an den/die Podcaster*in ran. Das stärkt die Hörerbindung! Durch Social Media oder das Podcast-Titelbild wissen die meisten bereits, wie der/die Podcaster*in aussieht, die große Überraschung bleibt also aus.

Das Video zeigt Mimik und Gestik, was vor allem bei persönlichen Themen eine Bereicherung ist. Wie leicht fällt es der Person wirklich, über ein bestimmtes Thema zu sprechen? Das lässt sich anhand der Körpersprache erkennen.

Es kommt öfter vor, dass tolle Ideen für Podcast-Folgen gesammelt werden, die Themen für ein Audio-Format aber zu komplex sind. In einer Video-Podcast-Folge können diese Themen umgesetzt werden, denn das Video veranschaulicht wichtige Dinge. Weiterführende Infos können im Video eingeblendet werden, wodurch die Shownotes kürzer werden. Nicht falsch verstehen: Natürlich soll der Podcast auch noch ohne Video funktionieren. Daher ist es wichtig weiterhin alles zu beschreiben. Wer es noch genauer möchte, kann dann auf das Video zurückgreifen. Es ist eine tolle Möglichkeit, den Podcast kreativ weiterzuentwickeln! Das gilt auch für Corporate Podcasts.

Benefits für Corporate Podcasts

Zunächst sollte ein Blick aufs Podcast-Konzept geworfen werden, denn je nachdem, welche Formate und Folgenthemen geplant sind, kann ein Video den Podcast bereichern.

Reportage

Reportagen eignen sich gut für einen Video-Podcast, weil man unterwegs ist und automatisch viel passiert – es gibt also auch viel zu sehen! Selbst „nur“ das Unternehmen vor Ort kann spannend sein. Wie wäre es beispielsweise mit einem Rundgang durch die heiligen Hallen? Da wären wir wieder beim Stichwort „Hörerbindung“.

Talk-Runde

Die klassische Talk-Runde eignet sich ebenfalls für eine Video-Podcast-Folge, denn auch hier kann man Nähe zu den Hörer*innen schaffen. Bei der Aufnahme sollten am besten mehrere Kameras verwendet werden, um im Schnitt zwischen verschiedenen Einstellungen wechseln zu können und das Video lebendig zu halten. Da muss ich wieder an die Podcast-Folge mit Hailey Bieber denken, wo sie Host Alex Cooper gegenüber sitzt und ihre Fragen beantwortet. Das Video überzeugt durch den Schnitt, der zwischen einer Großaufnahme des Podcast-Studios und Close-Ups von Hailey und Alex hin- und herwechselt, je nachdem, wer gerade spricht.

Fazit

Wenn man zu dem Schluss kommt, dass Bilder die Podcast-Folge sinnvoll ergänzen, ist die Video-Funktion ein interessantes Tool. Das gilt für Hörer*innen und Podcaster*innen gleichermaßen. Es gibt sicherlich einige, die mit der Video-Aufzeichnung nichts anfangen können, das Handy sperren und nur zuhören. Für andere wiederum kann das Video ein echter Mehrwert sein und das Hörerlebnis erweitern.

Es bleibt die Frage, was einen Podcast im Kern ausmacht. Meine Antwort darauf lautet: Das Audio! Heißt: Die Folge muss auch ohne Video funktionieren. Deshalb bin ich gespannt, wie sich Video-Podcasts in Zukunft entwickeln, oder, besser gesagt, wie es generell mit Podcasts weitergeht. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich irgendwann alle Medien miteinander vermischen und die Verbindung von Podcast und Video erst der Anfang war.