„Gendern finde ich zum Kotzen“, sagt H. P. Baxxter, Frontmann von Scooter. Ich finde zwar seine Wortwahl zum Kotzen, aber ich muss zugeben: Ich kann es fühlen. Ich bin auch kein Fan des Genderns. Nicht falsch verstehen: Rein inhaltlich betrachtet finde ich es absolut berechtigt und wichtig, dass man die weibliche Form nicht einfach unter den Tisch kehrt. Sprache formt unser Denken und somit auch unser Handeln. Deswegen ist es nie verkehrt, sie immer wieder zu überprüfen.
Nur die Möglichkeiten, die uns momentan zum Gendern zur Verfügung stehen, sind einfach umständlich und – meiner Meinung nach – unästhetisch. Und nur darum soll es im Folgenden auch gehen. Das ist übrigens auch der Punkt, der den Meister der lyrischen Raffinessen H. P. Baxxter stört. Er fügte nämlich noch hinzu, dass das Gendern die Sprache ruiniere. So weit würde ich zwar nicht gehen. Aber es stimmt schon, es muss eine elegantere Lösung geben.
Die zwei häufigsten Gender-Methoden im Podcast
Was mir persönlich am allerwenigsten gefällt, ist das Gendersternchen (stellvertretend auch für den Doppelpunkt oder das Binnen-I“). Besonders beim Hören stört mich die Unterbrechung, die unweigerlich entsteht, wenn man beispielsweise Hörer*innen, also „Hörer-innen“ sagt. Es klingt abgehackt, fühlt sich nicht natürlich an und man bleibt immer irgendwie daran „hängen“ – gerade in Podcasts, wo gesprochene Sprache, also Umgangssprache, angesagt ist. Deshalb: im Text okay, beim Sprechen zu sperrig.
„Hörerinnen und Hörer“ ist für mich im Moment noch der beste Kompromiss. Es ist zwar einen Tick umständlicher und länger als das Sternchen, greift aber nicht ganz so sehr in den Lese- und vor allem Redefluss ein. Das hängt mit Sicherheit auch damit zusammen, dass wir die Nennung beider Formen schon länger gewohnt sind als die Ergänzung einer Endung. Also alles nur Gewöhnungssache? Vielleicht.
Wenn ich von Kund*innen gefragt werde, wer sich am besten als Interviewpartner*in oder Moderator*in eignet – zum Beispiel für einen Corporate Podcast – sage ich grundsätzlich: Hauptsache authentisch. Nicht der Name, nicht die Position sind entscheidend. Das Gesagte muss unterhaltsam und überzeugend rüberkommen. Und genauso halte ich es auch mit dem Gendern. Wenn ein*e Podcaster*in grundsätzlich das generische Maskulinum benutzt, ich aber von ihr*ihm weiß, dass sie*er damit alle Geschlechter einbezieht, ist es für meinen persönlichen Höreindruck angenehmer.
Eine Form für alle: Y not?
Der Germanist Thomas Kronschläger schlägt eine Universallösung vor, eine einheitliche Form, die alle Geschlechter einbezieht: die Endung mit „y“. Im Grunde genommen geht die Idee zurück auf den Wiener Aktionskünstler Hermes Phettberg, der seine Leserinnen und Leser seit 30 Jahren als „Lesys“ bezeichnet. Die Endung gilt im Singular und im Plural immer dann, wenn die Geschlechter entweder nicht bekannt oder nicht relevant sind. Ok – auch daran müsste man sich gewöhnen. Aber als große Freundin des Pragmatismus, ist mir diese Lösung sehr sympathisch. Wir kämen ohne Sonderzeichen aus, ohne Verlängerungen oder Doppelungen und könnten dennoch alle Geschlechter mit nur einem Sammelbegriff einschließen. Ist doch nur konsequent – oder was sagt ihr Lesys dazu?
Wäre natürlich auch interessant zu wissen, was Mr. Scooter über den Vorschlag denkt – aber wer selbst zwei „xx“ im Namen trägt, könnte sich bestimmt damit anfreunden.
Meinungen aus dem Podever Team
„Gendern ist ein wichtiger Bestandteil unserer Zeit. Niemand sollte sich durch Handlungen oder Sprache diskriminiert oder diskreditiert werden. Ich persönlich finde allerdings, dass es in der gesprochenen Sprache oft komplizierter wird und das Verständnis darunter leiden kann. Dadurch wird eigentlich genau das Gegenteil von dem erzielt, was Menschen mit dem Gendern erreichen möchten. Einfacher wäre es, wenn wir uns als Gesellschaft drüber einig werden, dass Sprache verbindet und nicht ausgrenzt – egal, ob sie in der weiblichen oder männlichen Form ist.“ – Sebastian
„Das Gendersternchen stört mich in der gesprochenen Sprache total. Ich hoffe, wir können uns in Zukunft auf eine elegantere Lösung einigen, ohne dabei ein Geschlecht zu vernachlässigen.“ – Lara
„Ich finde Gendern gut und wichtig und habe es direkt in meinen Sprachschatz integriert. Ich achte bei Podcast-Produktionen bei der Erstellung von Skripten und Aufnahmen darauf. Dazu stelle ich fest, dass auch viele Podcast-Partner*innen und Unternehmen darauf achten, was ich sehr erfreulich finde. Damit das Gendern keine Belastung wird, sollten auch alle Medien sinnvoll darauf umgestellt werden und hier sind die jeweils Verantwortlichen gefragt.
Beispiele: Bei Podcast-Überschriften sollten für eine reibungslose Anzeige nicht mehr als 59 Zeichen verwendet werden. Ein Podcast wird nicht besser auffindbar, wenn mehr Text im Titel steht. Die meisten Podcast-Plattformen schneiden längere Titel gnadenlos ab oder zeigen sie merkwürdig an. Wenn ich im Titel jedoch schon zweimal gendere, dann passiert eben genau das, weil 59 Zeichen schnell erreicht sind. Auch für Twitter-Tweets habe ich nur 240 Zeichen. Das ist gewollt kurz und genau richtig für dieses Medium. Gendern verändert jedoch den Inhalt, weil ich deswegen insgesamt anders formulieren muss (Stichwort 240 Zeichen). Vorschlag: Vielleicht werden hier alle Wörter mit Gendersternchen nicht mehr mitgezählt?
Und noch einmal zurück zum Podcast: bei Audio müssen Inhalte verkürzt werden. Es ist eben das einzige nicht-visuelle Medium und hier lesen die Augen nicht mit, die Konzentration schwindet also bei zu viel Information, Wort. Gendern verkürzt nicht, sondern verlängert. Und darum wäre es für mich keine gesellschaftliche Tragödie, wenn nicht immer gegendert wird. Denn bei diesem Satz hört es sich (nur gesprochen) auf die Dauer mühselig an: ‚Die Patient*innen werden von den Pfleger*innen und weiteren Mitarbeitenden im Pflegebereich in den ersten Tagen stationär vollumfänglich versorgt, damit sie anschließend von Mitarbeitenden mobiler Pflegedienste in ihrem gewohnten Umfeld zu Hause betreut werden können.‘ Gendern: ja, auf jeden Fall! Wenn es technisch oder stilistisch mal nicht gemacht wird, dann ist es halt mal so.“ – Ralf
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